Wir schreiben das Jahr 2043. Schau, was unsere Archäolog*innen ausgegraben und restauriert haben!
Möchtest du die Welt verändern, damit 2043 ganz anders wird?
Du findest HIER Ideen, um etwas für die Zukunft zu tun! (Im Moment nur auf Französisch wegen des Ausstellungsortes).
Der virtuelle Rundgang
ETAGE 1: Bilder mit perlenbestickten Schmetterlingen: PLEBICULA AZURA – CLOSSINIA AURIANA VAR.
Unbekannte Schmetterlingsarten, datiert und montiert wie in einer alten Naturkundesammlung. Offenbar wurden die Exemplare 2019 im Parc Naturel Régional des Vosges du Nord gefangen. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Aufzeichnungen, aber DNA-Spuren beweisen, dass die Insekten nachträglich von Menschenhand bestickt wurden.
Unklar ist, ob diese Schreine einem alten Schmetterlingskult entstammten, der in der Zeit des Großen Insektensterbens aufgekommen sein könnte. Womöglich sind sie wegen der Verbindung mit Perlage-Technik aber auch Teil von Bestattungs- und Erinnerungsriten gewesen. Aus Perlage fertigte man im 19. Jhdt. in Frankreich oft naturgetreue wertvolle Kränze.
ETAGE 1: Du pain, du vin et du boursin: SCHREIN DER CERES
Ceres war die altrömische Göttin des Ackerbaus, Getreides und der Ernte, im Kult verbunden mit Riten von Hochzeit und Tod. Im Mittelpunkt der Verehrung stehen hier eine gestickte und eine echte Getreideähre. Letztere wurde auf 2023 datiert, die Herkunft des Schreins ist ungeklärt. Der Überlieferung nach muss Boursin ein sojafreies Schmierprodukt gewesen sein. Es handelte sich um den ersten französischen Werbespruch für Nahrungsmittel im heute nicht mehr vorhandenen analogen Fernsehen.
Digitaltafeln der Zeit zeigen, dass Getreide damals eine zentrale Rolle bei der Welternährung spielte. Man verwendete z.B. für die Brotherstellung noch keine aus Altpapier gewonnene Cellulose oder Algenprodukte wie heute.
In einigen alten Tafeln taucht immer wieder das Wort Ernährungssicherung auf. Es könnte sich also um einen Beschwörungsschrein gehandelt haben. Ein Hinweis könnten die auffälligen Farben und Malereien sein. Letztere wurden als ukrainische traditionelle Stickmuster identifiziert. In den Jahren 2022 und 2023 hatte der brutale Kriegstreiber Put.in immer wieder versucht, mit Transportblockaden die Hungernden der Welt zu erpressen, bevor man ihn mit anderen Kriegstreibern und Diktatoren der Welt ins Immerwährende Exil auf den Mars geschickt hatte. Dieses Gesetz der Föderierten Weltregionen sorgte in wenigen Jahren für den Weltfrieden. Seit sich der Besitzer der Ausweisungstransporte auf dem Mars dann mit den Verbannten einen Krieg um Profit lieferte, wurden sämtliche Rückfluglinien gekappt.
Getreide geriet in jener Zeit jedoch auch aufgrund des Klimawandels unter Druck. Häufigere Extremhitze und vor allem Dürre im Winter wie im Sommer setzten den Pflanzen extrem zu. Afrikanischen Forschern gelang es Anfang der 2030er, eine klimaresistentere Getreidesorte zu züchten, doch war Brot aus anderen Inhaltsstoffen inzwischen billiger.
ETAGE 2: SCHMETTERLING CIDARIA LAVANDULA
Dieses Exemplar wurde im Naturpark Nordvogesen 2019 gefangen. Es handelt sich nachweislich um einen der ersten Schmetterlinge, die ihre Eier in Perlensammlungen ablegten und sich von Stickgarn ernährten. Ihre Rolle als Bestäuber von Fadenresten war so wichtig, dass man versuchte, sie im großen Stil nachzuzüchten. Doch schon 2020 gab es eine weltweit wirksame Mutation: Die Insekten kehrten in die Natur zurück.
ETAGE 2: ODE ANS TOTHOLZ, FEENBUCH, Parc Naturel Régional des Vosges du Nord.
Eines der wenigen noch erhaltenen echten Feenbücher dieser Welt.
Wissenschaftler*innen des Universitätsverbunds Oslo-Cotswolds konnten nachweisen dass die eigenartigen Textilzeichen auf uralten Clematislianen eine Feen-Urschrift darstellen. Dank der Nobelpreisträger Prof. Dr. Dr. Smilla Lichen und Prof. dr. John Mosstodon ist das seltene Stück entziffert worden. Es erzählt, wie sich die Fee Clematica von einem riesigen Ahornbaum abseilte, um ihren Freunden im Totholz Geschenke zu bringen. Festgehalten sind in dem Stück die Gesänge von Baumpilzen, Moosen und Flechten.
Der Titel scheint darum aus späterer Zeit von Menschen hinzugefügt worden zu sein, die nicht wussten, dass Totholz vor Leben nur so wimmelt und Leben ermöglicht. Auch der beschriftete Aufhänger aus Lindenholz wurde wahrscheinlich angefügt, als man das Feenbuch für ein Archiv katalogisierte. Menschen wussten zu dieser Zeit noch nicht, dass Feen ihre Bücher nie aufhängen, sondern unters Kopfkissen legen.
ETAGE 2: BITTSTAB, MOOS UND FLECHTE AUF EICHENRINDE
Eindeutig von Menschenhand geschaffen, wurde dieses Ensemble aus Moosen und einer Flechte auf Eichenrinde appliziert. Es wurde etwa um 2023 mit französischem Knötchenstich gestickt, enthält aber auch Elemente aus Seidenfasern, Textil, Papier und Glasperlen.
Im Archiv kam dazu ein verblasster handgeschriebener Zettel zum Vorschein. Er vermerkt als Fundort den Parc Naturel Régional des Vosges du Nord. Weiter ist zu lesen:
„Wegen der ständigen Dürre, sogar im Winter, reichen selbst die fast 200 Jahre alten Eichen nicht mehr ans Wasser. Die Eiche, von der diese oberste Schicht Rinde stammt, wurde gefällt, bevor sie krank wurde.“
Es handelt sich bei dem Ausstellungsstück wahrscheinlich um einen sogenannten Bittstab, wie er in dieser Zeit verbreitet angefertigt wurde. Menschen, die nicht an der Gleichgültigkeit gegenüber dem Klimawandel und dem Artensterben verzweifeln wollten, fertigten die Bittstäbe und reichten sie in einem Ritual im Kreis herum. Wer den Stab in Händen hielt, erzählte, was sie oder er für den Erhalt der Artenvielfalt tat. Die Teilnehmer*innen hofften, dadurch andere mit Ideen und Lösungen anzustecken. Überlieferungen zufolge gab es außerdem Versammlungen, wo alle einen Bittstab mitbrachten und die Lebewesen der Erde um Verzeihung baten.
ETAGE 2: ANBETUNG IN TÜRKIS
In diesem runden Reliquar befindet sich ein Dickfühler-Grünwidderchen (auch Distel-Grünwidderchen), Jordanita subsolana, mit einem geheimnisvollen gleichfarbigen Reliquienschatz.
Dieses türkisfarbene Zierstück mit Goldhäkelei und Picassoperlen aus einer Manufaktur entpuppte sich bei näherer Analyse als Plastikmüll, der mit Zement verschmolzen war. Der Gegenstand ist deckungsgleich mit Bodenproben von einer ehemaligen wilden Deponie am Ufer eines Bachs in Oberkutzenhausen. Bevor jemand dort Müll verbrannte, wäre es ein ideales Habitat für die einzige, seltene Nahrungspflanze des Falters gewesen.
Der einst im Elsass heimische Schmetterling wurde erstmals 1862 von Staudinger beschrieben und letztmals 1934 im Haut Rhin gesichtet. Man fand die Spezies zur Entstehungszeit des Reliquars noch im Osten und Süden Frankreichs, vor allem in den Alpen. Doch er teilte das Problem vieler Tierarten: er ist von einer einzigen Pflanzenart abhängig. Hier ist es die Wollkopf-Kratzdistel (Cirsium eriophorum).
Die Pflanze mit dem dicken kugelförmigen Blütenkorb und pinkfarbenen Blüten wurde früher wie Artischocken zubereitet und hätte eine Gartenpflanze werden können. Im beginnenden 20. Jhdt. vermerkte man jedoch nur noch Kleinbestände westlich und südwestlich von Saverne.
Auffällig ist die gespinstartige Verhüllung eines der Schmetterlingsflügel. Sie ist aus sericinhaltiger Rohseide handgefertigt. Offenbar nutzte man Sericin damals nicht nur industriell in der Medizin und Kosmetik. Menschen nahmen sie den Seidenspinnern ab. Die Raupen dieser Schmetterlinge spinnen ihre Kokons aus Seidenfäden. Sericin-Proteine umhüllen die Seidenfaser und sorgen als „Leim“ für den Zusammenhalt.
NIVEAU 2: Cucujus cinnaberinus Käfer
Der außergewöhnliche Prachtschrein für einen Scharlachroten Plattkäfer (Cucujus cinnaberinus) ist ein seltenes Fundstück unserer Sammlung, weil er von einem Happy End im Elsass erzählt. Der naturgetreue Papierkunst-Käfer sitzt, so konnte analysiert werden, in einem Schrein aus Zivilisationmüll der Zeit. Ein Lieferkarton einer heute unbekannten Firma namens Amazon, in der Vertiefung mit einem alten Wörterbuch verkleidet, wurde geweisst und üppig dekoriert. Die floralen, maschinengestickten Elemente sind Reste von Maschinenmüll aus der Sariproduktion.
Heute kaum vorstellbar, nahm damals der Müll durch Lieferungen und Fast Fashion überhand. Es mutet fast rührend an, wie Menschen zu dieser Zeit versuchten, aus Tonnen von vergeudetem Material winzige Schönheiten zu schaffen.
Der Scharlachrote Plattkäfer stand zunächst unter Schutz in ganz Europa. Er galt als Relikt der alten Urwälder und war in ganz Frankreich verschwunden. Er fühlte sich in naturnaher Waldbewirtschaft wohl und erfüllte dort eine wichtige Rolle beim Zersetzen von Totholz zu Humus. Seine Larven leben vorwiegend unter der Rinde abgestorbener Laubbäume und fressen neben zersetztem Rindenbast vor allem Kleinstlebewesen. Schwierig wurde das Überleben der ökologisch wichtigen Käfer, als man zunehmend Totholz aus Wäldern entfernte und Gärten immer steriler anlegte.
Die Rettung kam durch eine unerwartete Entwicklung. 2014 tauchte der Käfer plötzlich zum ersten Mal wieder im Bas Rhin im Elsass auf: er hatte eine neue Nahrungsquelle gefunden! Im Elsass hatte man schnell wachsende Pappelwälder angelegt. Als in einigen Totholz verblieben war, geschah das Wunder: die Käfer besiedelten absterbende Pappelwälder und Ufergehölze. Etwa zur Entstehungszeit des Prachtschreins erkannten die Menschen die ökologische Bedeutung von Totholz und zerstörten diese wichtigen Lebensräume und Entstehungsorte wertvollen Humus nicht mehr. Insofern ist der Schrein eine Hymne auf das, was durch Umdenken möglich ist.
NIVEAU 3: EINFACH WEGGERAUCHT: SCHREINE AUS ZIGARETTEN-BLECHDOSEN
Zigaretten waren noch in den 2020ern Papierröhren, die man mit Bröseln der Tabakpflanze stopfte. Man zündete sie an und dekorierte damit das Gesicht. Ein womöglich magisches Kleinritual, denn die Dekoration brannte kürzer als ein Weihnachtsbaum. Wahrscheinlich spielen diese Schreine auf die Kürze der Zeit an.
Schrein 1: „Der Smaragd“. Die Bedeutung des ersten Schreins konnte nicht ganz geklärt werden. Da ist ein wertvoll aussehendes Objekt, das einem sitzenden Vogel ähnelt, der den Kopf auf seinem Rücken bettet. Der deutschsprachige Text darunter erzählt vom Aussterben der Wandertauben (Ectopistes migratorius), die einst zu den häufigsten Tierarten der Erde gehörten. Sie wurden durch exzessive Bejagung dezimiert, die letzte starb 1914 in Gefangenschaft. Das uralte Papier im Deckel zeigt ein unbekanntes Meereswesen.
Eine genaue Untersuchung des Smaragds förderte zutage, dass er aus geschmolzenem Plastik besteht. Der Molekülnachweis verortet das Objekt auf eine wilde illegale Müllkippe an einem Bach bei Oberkutzenhausen. Eine dünne Plastikflasche im Boden braucht ca. 450 Jahre, um sich zu zersetzen, Gifte und Mikroplastik überdauern schier unendlich. Zu solchen Klumpen geschmolzenes Plastik zersetzt sich fast gar nicht. Eine Studie beschreibt, Landbewohner hätten das früher absichtlich gemacht, um einen sterilen, unfruchtbaren Boden bei feindlichen Nachbarn zu erzeugen. Sie ist jedoch sehr umstritten.
Schrein 2: Schmetterling auf Gobelin. Ein Großer Feuerfalter der Unterart Lycaena dispar dispar sitzt auf einner Drahtstruktur, die durch smaragdgrüne Perlage zu ergrünen scheint. Im Hintergrund blüht es auf einem Gobelin. Prächtig ausgestattet ist auch der innere Deckel, mit Blumen in Maschinenstickerei aus Seide auf goldenem Vintage-Zigarettenpapier.
Zur Zeit der Herstellung des Schreins war diese Unterart von Bläulingen bereits im Elsass verschwunden, die Art selbst verschwand zusehends durch die Zerstörung ihres Habitats: Moore und Feuchtwiesen. Der Schmetterling war deshalb nicht nur auf der Roten Liste in Frankreich und anderen Ländern zu finden, sondern auch streng geschützt. Der Draht, der auf der gleichen wilden Müllkippe verortet werden konnte wie im Schrein 1, könnte auf die zunehmende Verzweiflung der Menschen damals hinweisen. Selbst die Blumenstickerei ist Müll, es handelt sich um Maschinenabfall der Sariherstellung in Indien. Magie half dem Schmetterling nicht, Feuchtgebiete wurden in den kommenden Jahren zerstört.
Schrein 3: Rosenkäfer. Der apart gemusterte Rosenkäfer zwischen Vergissmeinnicht-Perlage und einem antiken Schulbuchpapier ist ebenfalls ausgestorben. Käfer mit Blumenmustern auf den Flügeln müssen regional und zeitlich engstens begrenzt gelebt haben, es ist kein weiteres Exemplar in den Museen des Planeten zu finden. Das ist umso erstaunlicher, als die Nahrungspflanze überleben konnte.
Für die Restaurierungssabteilung war es nicht einfach, die antiken Perlagetechniken zu rekonstruieren und die winzigen Blüten auf Samt nachzuarbeiten. Man fand jedoch Parallelen bei Grabkränzen aus Glasperlen, wie sie in Frankreich im 19. Jhdt. verbreitet waren und auch im Elsass vorkamen.
NIVEAU 3: COLLAGE: Wenn Frösche träumen, lächeln Flechten.
In den 2020er Jahren fingen immer mehr Menschen an, mit Pflanzen und Tieren zu sprechen. Wissenschaftler*innen entdeckten Intelligenz und Fähigkeiten bei Lebewesen, denen man dies im Jahrhundert zuvor nie zugetraut hätte. Man erforschte ökologische Zusammenhänge neu. Künstlerinnen nahmen Gespräche von kleinen Lebewesen auf. Menschen saßen fasziniert in Blumenwiesen. Kinder lachten im Wald mit knubbeligen Moosen und geschwätzigen Ameisen.
Von der Art dieser Schreine gab es viele. Menschen hielten darauf ihre Naturerlebnisse fest, konservierten Farben, Klänge und Gespräche.
NIVEAU 3: COLLAGE: README.TREE.txt
Etwa zu der Zeit, als Menschen Große Sprachmodelle mit künstlicher Intelligenz schufen, machte sich eins der Systeme in einem Datenzentrum in Strasbourg selbstständig. Es fusionierte ältere Computerfestplatten mit noch älteren Papierplatten. Der Fusionsprozess selbst konnte noch nicht entdeckt werden. Es steht aber fest, dass die künstliche Intelligenz an den Kupferteilen solcher Platten andockte und ihre Programmbefehle in Baumrinde hinterließ. Zwei Jahre später war der Spuk vorbei: Die KI hatte gelernt, dass Bäume ihr in Sachen Kommunikation haushoch überlegen waren. Sie speisten ihr Wissen ein. Dieses Stück ist ein seltenes Artefakt einer Vogelkirsche.
NIVEAU 3: SCHREINE FÜR DIE SEELE
In den 2020er Jahren tauchen plötzlich Schreine aus Käseschachteln auf. Collageartig, einfach gehalten, scheinen sie von einfachen Käseessern gefertigt worden zu sein. Womöglich war in dieser ausgestorbenen Speise ein Enzym, das Farbsehen und Kreativität anregte. Auffällig ist, dass diese Schreine Kleinigkeiten des Alltags und Pflanzen in einer Weise kombinieren, die damals als schön empfunden wurde.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich hierbei um Heilzauber gegen den sogenannten Eco-Grief handelte.
Der kleine Schrein mit dem Hochmoorgelbling (Colias Palaeno) weist auf eine Verbindung zu Schreinen wie „Anbetung in Türkis“ (s.o.). Er teilte das Schicksal vieler hochspezialisierter Arten. Seine Nahrungspflanze, die Rauschbeere (Vaccinium uliginosum), wurde mit dem Rückgang der für ihn wichtigen Moore, seltener. Einst in Ostfrankreich weit verbreitet, starb der Schmetterling in den Ardennen bereits in den 1950er Jahren aus. Dort und im Jura schlugen alle Wiederansiedlungsprojekte fehl. Zur Zeit der Entstehung des Schreins gab es ihn in den Vogesen wahrscheinlich nicht mehr und im Jura nur noch vereinzelt. Er stand damals unter Schutz.
Womöglich entwickelten sich also die alten Heilzauber-Schreine in eine Richtung, die Menschen dazu veranlasste, für seltene Arten im Pflanzen-, Tier und Pilzreich zu kämpfen. Schreine in solch auffälligen Knallfarben könnten als Objekte in Demonstrationszügen mitgeführt worden sein. Vielleicht galten sie auch als Talismane für die spätere „Revolution für die Artenvielfalt“.